Muller 1962



Der am 28. November 1935 in Mannheim geborene und heute am Fuße des Schwarzwaldes in Karlsruhe lebende Maler Karl Peter Müller ist, im Gegensatz zu vielen seiner zeitgenössischen Kollegen, kein ausschließlich nur instinktiv und unbewußt schaffender Künstler. Er ist auch nicht der sehr in Mode stehenden und fast landläufigen Ansicht, dass das Wissen um den Organismus der künstlerischen Idee das Erfühlen, Erkennen und Gestalten schmälere oder gar zerstöre.

Sein Weg, der ihn von einer Mannheimer Höheren Schule an die Münchener Akademie der Bildenden Künste führte, wo sein Landsmann Xaver Fuhr ihn unterrichtete, ein Jahr im Dachauer Moos sowie Reisen in Südfrankreich, Spanien und Schweden gaben Gelegenheit genug, über die Grundlagen der ihm zur Verfügung stehenden künstlerischen Mittel nachzudenken. Von zuhaus aus an [diszipliniertes Denken gewöhnt, ist Kunst für Müller keine genießerisch lose Unterhaltung, sondern zwingende Verpflichtung zur Formung. Im Erkennen des Korrespondenzverhältnisses von formaler Zeichensetzung und inhaltlicher Bedeutung geriet Müller an die Grundstruktur des inneren Mechanismus des Kunstwerkes. Damit schnitt er das Zentralproblem des Ineinandergreifens von Denksystem, Kunstform und Weltgehalt beim Kunstwerk an, ohne darüber jedoch zu vergessen, dass die bildende Kunst eine Zeichen- und keine Begriffssprache ist wie etwa ihre abstrakte Schwester, die Philosophie. Geheimnis und Wesen der bildenden Kunst ist die innige Verkoppelung des sichtbar Materiellen mit dem unsichtbar Geistigen.

Diese Transsubstantiation der Kunst ist für Müller weit mehr als nur eine vage Floskel. Seine durch ihre innere Wahrhaftigkeit überzeugenden Bilder beweisen dies augenfällig. Obwohl sich seine Abstraktion nie völlig von dem Naturvorbild löst, tritt die visuelle Beziehung zwischen Objekt und Wiedergabe nur noch bedingt in Erscheinung. Vielfach wird die Farbe zum eindeutigen Träger des geistigen Bildinhaltes, wobei Flächen von meist ageometrischer Form den Gegenstand der künstlerischen Emotion nur noch ahnen lassen. Trotz sehr realer Titel sind die Bildinhalte geformte und gestaltete Wiederkehr innerer Erlebnisse, von denen jedes der ausgestellten Gemälde sein Gepräge empfängt. Damit wird es zur Sinnform einer uns zugehörigen Welt, die Karl Peter Müller ins Geistig-Sinnbildhafte erhob.

Toni Peter Kleinhans
1962

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